Kirche in Lüchtringen setzt auf Erneuerbare Energien
Die Sanierung der Heizungsanlage einer Kirche stellt völlig andere Anforderungen an Planer und Ausführende als das „normale“ Ein- und Mehrfamilienhaus – so auch die katholische Kirche St. Johannes Baptist in Lüchtringen.

Einerseits ist der zu beheizende Raum verhältnismäßig groß im Vergleich zur Nutzfläche. Andererseits entsprechen die Gebäudehülle, also Außenmauerwerk, Fenster, Dach und Bodenplatte in der Regel nicht den heutigen Baustandards und eine zusätzliche Dämmung ist in den seltensten Fällen möglich. Dazu kommt die temporär sehr begrenzte Nutzung des Gebäudes. „Die Malereien an den Wänden und insbesondere die Orgel benötigen jedoch möglichst konstante Raumtemperaturen“, weist der leitende Architekt Albert Henne auf einen wichtigen Aspekt hin.

 

Für die Gottesdienste muss die Raumtemperatur deshalb behutsam über ca. 6 Stunden um je ein Grad Kelvin pro Stunde erhöht werden. Es ist zudem ganz wichtig, dass der Feuchtegehalt der Luft nicht zu Kondensation an kalten Stellen führt. Schließlich fehlt noch eine Norm für die Heizlastberechnung einer Kirche – die gibt es bislang nicht.

 

„Mit der Entscheidung des örtlichen Kirchenvorstandes in enger Abstimmung mit dem Architekten Henne und dem Erzbistum Paderborn, für die Beheizung der Lüchtringer Kirche Wärmepumpen zu nutzen, ist das Vorhaben zu einem Musterprojekt im Bistum geworden. Eine solche Lösung wurde bisher noch nicht realisiert“, erklärt Mark Becker von der Firma Gebr. Becker Energie- und Versorgungstechnik aus Höxter, welche die wesentlichen Arbeiten ausgeführt hat.

 

Ein Grund für die Entscheidung „pro Wärmepumpe“ war zudem das Engagement von STIEBEL ELTRON im frühen Vorfeld. Insbesondere Geschäftsführer Dr. Kai Schiefelbein, der in Lüchtringen wohnt, leistete viel Überzeugungsarbeit in unterschiedlichen Gremien. Von vornherein war klar, dass der Fußboden der Kirche saniert werden muss – so war der Mehraufwand für das Installieren einer Fußbodenheizung, die hier als Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb einer Wärmepumpenanlage gilt, gering.

 

Zwei Großwärmepumpen WPF 66 ersetzen die alte Ölheizung. Sie gewinnen Energie aus dem Grundwasser – dafür wurden zwei Förder- und zwei Schluckbrunnen direkt neben dem Gebäude gebohrt. Die Förderpumpen sind drehzahlgeregelt: Es wird immer nur so viel Wasser gefördert wie gerade notwendig ist, um den Bedarf an Energie zu decken. Maximal werden 40 m3 pro Stunde benötigt. Das mehr als zehn Grad „warme“ Grundwasser überträgt die Energie in einem Zwischenwärmetauscher an ein Solegemisch, das wiederum die Wärmepumpen versorgt. „Neben der Fußbodenheizung, die niedrige Systemtemperaturen ermöglicht, haben wir hier in Lüchtringen den weiteren Vorteil, dass das Grundwasser in ausreichender Qualität und Menge zur Verfügung steht“, erläutert Mark Becker.

 

Anhand der bisherigen Verbrauchswerte der alten Heizung und einer Faustformel für die Heizlastermittlung in Kirchen, die sich auf deren Volumen bezieht, wurde die Wärmepumpen- Kaskade ausgelegt – knapp 180 Kilowatt Heizleistung erzeugen die beiden Großwärmepumpen zusammen. „Im Vergleich zu einer möglichen Erneuerung der Ölheizung werden dank der umweltschonenden, regenerativen Heiztechnik pro Jahr etwa 24.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid eingespart“, erklärt Frank Röder, Planungsleiter bei STIEBEL ELTRON.

 

Die Grund-Raumtemperatur in der Kirche soll ganzjährig zwischen 10 und 12 Grad Celsius betragen – das ist über die Fußbodenheizung mit einer Vorlauftemperatur von ca. 30 Grad Celsius problemlos zu realisieren. Für das zusätzliche Aufheizen der Raumtemperatur um etwa 6 bis 7 Grad Kelvin für die Gottesdienste ist die Luftheizung zuständig, die ihre Wärme ebenfalls von den Wärmepumpen bezieht. Dafür wird das Heizungswasser im 1.500- Liter-Pufferspeicher auf maximal 50 Grad Celsius erwärmt und die Energie dann über einen Wärmetauscher an die Zuluft abgegeben. Über die Lüftungsanlage wird auch die Feuchteregulierung im Gebäude sichergestellt. Bei Bedarf wird automatisch von Umluft auf zusätzliche Außenluftzuführung umgestellt.

 

„Der Jahres Wärmebedarf wird zu einem Großteil über die Fußbodenheizung abgedeckt“, meint Experte Frank Röder. „Darüber hinaus schafft die Fußbodenheizung dank der Strahlungswärme eine sehr hohe Behaglichkeit.“ Gerade auf diese Erfahrungen sind alle Beteiligten äußerst gespannt: Alle Daten werden über die Gebäudeleittechnik festgehalten und kontinuierlich ausgewertet.

Wärmepumpen-Kaskade versorgt die Fußboden- und Luftheizung

Eine Wärmepumpen-Kaskade versorgt die Fußboden- und Luftheizung